Autobiografie mit Fotos
Teil 11
Im April dieses Jahres besuchte ich Jerusalem erneut. Ich kam am Vorabend des jüdischen Pessach-Festes an. Gewohnt habe ich bei Freunden, die die jüdischen Gesetze und Bräuche befolgen. Sie luden mich zum Pessach-Seder, dem Festabend, ein. So habe ich zum ersten mal einen solchen Abend erlebt: die Lesung der Pessach-Haggada, das Essen der rituellen Speisen. Leider kann ich davon keine Bilder zeigen; denn beim jüdischen Pessach darf nicht fotografiert werden.
Die dritte Station des Kreuzwegs auf der Via Dolorosa. Jerusalem 2009
Ich wanderte mit Pilgern aus verschiedenen Ländern vom Löwentor entlang der Via Dolorosa bis zur Grabeskirche. Wie ich aus den Beschreibungen der Grabeskirche erfuhr, kamen wir auf das Dach des Tempels und gingen dann durch die koptische Kirche hinaus auf den Platz vor dem Eingang zum Tempel selbst. Die Türen des Tempels waren geschlossen, aber niemand ging hinaus, alle warteten und ich wartete. Schließlich richteten sich alle Augen auf den Tempel und ich sah einen Mann, der eine Leiter zum Tor des Tempels hinaufkletterte und den Riegel öffnete. Die Türen des Tempels öffneten sich und eine Prozession kam heraus, angeführt von Menschen mit rotem Fes (Kopfbedeckung, wahrscheinlich waren es Türken). Dann kamen die Mönche mit dem Kreuz ... Bald betraten wir den Tempel. Etwa zehn Meter entfernt, direkt vom Eingang, befand sich eine Steinplatte, vor der die Menschen knieten, diese küssten und ihre Sachen darauf legten: Ikonen, Ringe, Ohrringe... – das ist der Stein der Salbung (Gnade), auf den der Leichnam Christi plaziert wurde, bevor er ins Grab gelegt wurde, und der mit einer duftenden Komposition aus Myrrhe und Aloe gesalbt wurde. Über diesem Stein brannten acht unauslöschliche Lampen, entsprechend der Anzahl der im Tempel vertretenen christlichen Kirchen.
Die Via Dolorosa (lat. Der schmerzhafte Weg, Leidensweg) ist eine Straße in Jerusalem. Sie führt durch die Altstadt vom Löwentor (oder Stephanstor) zur Grabeskirche.
Nach der Überlieferung ist die Via Dolorosa jene Straße, die zur Zeit des Todes von Jesus vom Amtssitz des römischen Statthalters Pontius Pilatus zur Hinrichtungsstätte am Hügel Golgatha führte. Allerdings sind diese Orte historisch nicht eindeutig bestimmbar. Diesen Weg musste Jesus vor seiner Kreuzigung gehen, wobei er auf einem Großteil der Strecke selbst sein Kreuz trug. Daher ist die Straße heute als Kreuzweg gestaltet. Von den 14 Stationen des Kreuzweges befinden sich aber nur acht auf der Via Dolorosa selbst. Die neunte befindet sich auf dem Dach der Grabeskirche, die letzten fünf im Inneren der Kirche. Da sich sowohl der Straßenverlauf als auch das Niveau der Stadt über die letzten 2000 Jahre stark verändert haben, stellt dieser Weg eher eine Verbindung von Gedenkstätten als eine Wanderung in Jesu Fußstapfen dar.
Der Platz vor dem Eingang zur Grabeskirche am Karfreitag. Jerusalem 10.04.2009
Der Salbungsstein und acht ewig brennende Lampen. Grabeskirche. Jerusalem 2009
Unter dem Felsen am Eingang zum Heiligen Grab befindet sich der Salbungsstein, wo der Leichnam Jesu nach der Abnahme vom Kreuz in Leichentücher gehüllt gewesen sein soll. Dies ist die 13. Station des Kreuzwegs. Über dem Stein befinden sich acht Lampen, die zu verschiedenen Kirchen gehören: vier griechische, zwei armenische, eine lateinische und eine koptische. Der Salbstein gilt als heiliger Ort mit Heilkraft.
Die erste Erwähnung erfolgte während der Kreuzzüge. Sein heutiges Aussehen erhielt der Salbungsstein im Jahr 1810 nach dem Brand der Grabeskirche.
Stein der Salbung. Grabeskirche. Jerusalem 10.04.2009
„Das letzte Abendmahl“ an der Mauer der Kuvuklia. Grabeskirche. Jerusalem 10.04.2009
Eine Woche später, am Karsamstag nach dem julianischen Kalender, also am 18. April, kehrte ich nach Jerusalem zurück, in der Hoffnung, die Grabeskirche während des Herabsteigens des Heiligen Feuers zu besuchen. Ich hatte außer meinem Reisepass keine besonderen Dokumente, aber ich wollte versuchen, in den Tempel zu gelangen. Um Viertel vor sieben betrat ich die Altstadt durch das Jaffator. Die Straße zur Grabeskirche führt durch das muslimische Viertel und die Polizei lässt nur Gruppen von Geistlichen und akkreditierten Journalisten passieren. Ich musste mit allen warten. Erst nach dreieinhalb Stunden durften die Pilger die Absperrung passieren. Ich näherte mich dem Tempel und sah, dass dort Ausweise kontrolliert wurden. Doch zu meinem Glück wurde der Wachmann, sobald ich mich dem Eingang näherte, von einem Polizisten weggerufen und ich betrat die Kirche! Ich wurde zusammen mit anderen Pilgern in eine unterirdische Kapelle geführt, die dem Heiligen Gregor der Erleuchter, dem Apostel der Armenier, gewidmet war. Dieser Teil der Grabeskirche gehört der Armenischen Apostolischen Kirche.
Wir verbrachten dort zwei Stunden und warteten auf ein Wunder. Jerusalem 18.04.2009
Pünktlich um 14 Uhr läuteten die Glocken und alle eilten zur Treppe. Wir hörten Freudenrufe und Schreie. Wenige Minuten später betraten Menschen mit brennenden Kerzenbündeln den Eingang unserer Kapelle.
Gläubige geben sich gegenseitig Feuer. Grabeskirche am Karsamstag. Jerusalem 18.04.2009
Armenische Frau mit dem gesegneten Feuer. Grabeskirche am Karsamstag 2009
Am 27. September 2009 wurde in der St. Katharinenkirche in Osnabrück meine Ausstellung „Katholische und orthodoxe Ostern in Jerusalem 2009“ eröffnet.
Übersetzung ins Deutsche: Andreas Ottmer, Osnabrück
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