Autobiografie mit Fotos 

Teil 12

29.06.2009

Alexander Puschkin, Russisches Reich, 19. Jahrhundert

Man sagt, Unglück sei eine gute Schule; vielleicht. Aber Glück ist die beste Universität. Es vervollständigt die Bildung der Seele, die zu Gutem und Schönem fähig ist …
 

Ich war glücklich! Als Kind hatte ich das Gefühl, als würde ein 50-teiliger Film über mich gedreht. Ich glaubte nicht, dass lange Tage, Wochen und Monate für immer vergehen würden, ohne eine Spur zu hinterlassen. Das kann nicht sein. Alles bleibt: in meiner Erinnerung und in dieser Welt. 

 

30.06.2009

John Donne, England 17. Jahrhundert 

Denn Kummer ist ein Schatz,
und es gibt keinen Menschen, der genug davon hätte,
und der er nicht reifer dadurch geworden wäre,
und den dies nicht zu Gott geführt hätte.

 

Erstaunliche Worte! Sinaida Sergejewna sagte mir in einem Gespräch, dass ihr die Existenz Gottes bewusst werde, wenn sie Bachs Musik höre. In der Trauer kommt man dem Geheimnis näher. Woher komme ich, warum bin ich auf diese Welt gekommen? Was erwartet mich nach meinem Tod? Wird die ganze Welt, die ich besitze, spurlos verschwinden?

 

Anfang Oktober 2009 reisten ich und Emma nach Berlin, um anlässlich des 20. Jahrestages des Mauerfalls die Straßenaufführung des Riesenpuppentheaters „Royal de Luxe“ aus der französischen Stadt Nantes zu sehen und zu fotografieren.

Berlin, 3. Oktober 2009

Riesige Puppen mit einer Größe von 7 und 14 Metern spielen die Hauptrollen in der Show, die die Geschichte der Begegnung zwischen einem kleinen Mädchen und ihrem Onkel, einem Taucher, erzählt.

 

Berlin, 3. Oktober 2009

„Wir haben uns entschieden, vom politischen Thema abzurücken und eine Geschichte der Trennung zu spielen“, sagte der Theaterdirektor Jean Luc Courcoult. Eine kleine Riesin aus Ostberlin sucht ihren Onkel aus Westberlin.

 

Berlin, 3. Oktober 2009

Riesige Puppen laufen auf der Suche nacheinander durch die Straßen der Stadt. Die Geschichte einer traurigen Trennung endet mit einem freudigen Wiedersehen am Brandenburger Tor.

 

Erinnern Sie sich, ich habe am Ende des ersten Teils meiner Biografie gefragt: „Wer war dieser unglückliche Mann, der auf dem Golubin-Gletscher starb?“

Im September 2009 wurde ich im Internet von der Funkerin Olya gefunden, mit der ich 1980/81 in Kirgisistan am Tyuya-Ashu-Pass gearbeitet hatte. Sie erzählte mir, dass der Glaciologe und Journalist Alexei Ermolov eine Geschichte über mich geschrieben hatte, in der er die Episode mit der Leiche, die ich gefunden hatte, ausführlich beschrieb. Es stellte sich heraus, dass dieser Mann ein Jäger war. In den 1950er Jahren wurde Roh-Opium aus der Region des Issyk-Kul-Sees durch die Berge transportiert. Dieser Mann diente wahrscheinlich als Führer und wurde vor mehreren Jahrzehnten mit einem Kleinkalibergewehr getötet und in eine Gletscherspalte geworfen. Ich habe eine Mumie gefunden, die fast vollständig aus dem Eis aufgetaut war.

 

16.10.2009

Acht Jahre in Deutschland

Am 18. Oktober sind es genau 8 Jahre unseres Lebens in Deutschland. Manchmal kommt es mir wie ein Traum vor. Und ich träume oft, dass ich in Russland bin und nicht weg kann. 

Dann wache ich schweißgebadet auf ...

 

Am 19. Oktober 2009 wurde ich unerwartet zu einem Tagesausflug nach Hamburg eingeladen. Auf dem Programm stand ein Besuch des jüdischen Friedhofs von Altona aus dem 17. Jahrhundert, auf dem die berühmten portugiesischen Sephardim Castro, Teixeira und Fidan sowie die Aschkenasim Mendelssohn und Heine begraben sind.

פ״ נ    Hier ist begraben... 

 

Diese Inschrift bezieht sich auf den zweiten Stein von rechts.

 

Baruch ben Zwi Hirsch Willner [18.8.1709]
Diese Inschrift bezieht sich auf den zweiten Stein von rechts.

Hier ist begraben
ein Mann,
er Baruch, gesegnet sei er und gesegnet sein verständiger Sinn,
viel Ertrag war mit ihm,
und in Redlichkeit ging er hin in seiner Welt,
der geehrte, unser Lehrer, der Meister, Herr Baruch, Sohn unseres Lehrers, des Meisters, Herrn
Zwi Hirsch Willner, verschieden
und begraben 12. Elul 469 der kleinen Zählung.
Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens.

 

פ 'נ     Hier ist begraben

יש ישר    ein ehrenwerter Mensch

Am 20. Februar 2011 wurde in der Kirche St. Katharinen in Osnabrück meine Ausstellung „In seligem Gedenken an die Gerechten – Die verborgene Pracht des Jüdischen Friedhofs Hamburg-Altona“ eröffnet.

02.02.2010 

Anton Tschechow

„…Ich denke, dass Naturverbundenheit und Müßiggang notwendige Elemente des Glücks sind, ohne sie ist es unmöglich.“ 

Aus einem Brief an Alexei Suworin
 

„… jeder Tag ist eine Überraschung, einer besser als der andere. Stare sind angekommen, überall plätschert Wasser, auf den aufgetauten Stellen grünt bereits das Gras. Der Tag zieht sich wie eine Ewigkeit hin. Man lebt wie in Australien, irgendwo am Rande der Welt, die Stimmung ist ruhig, besinnlich und animalisch in dem Sinne, dass man das Gestern nicht bereut und nicht auf das Morgen wartet. Wenn ich mir den Frühling ansehe, wünsche ich mir schrecklich, dass es im Jenseits das Paradies gibt…“. 

Aus einem Brief an Alexei Suworin

 

In diesem Jahr jährt sich am 29. Januar der Geburtstag von Anton Tschechow zum 150. mal. Kenne ich Tschechow wirklich? Es stellt sich heraus, dass ich das überhaupt nicht weiß ...

Übersetzung ins Deutsche: Andreas Ottmer, Osnabrück 

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